Nach dem folgenschweren Unfall an der Schleuse Müden an der Mosel wird weiter daran gearbeitet, die Schiffe vom Fluss zu bekommen. Die Kritik der Wirtschaft an den Folgen wird währenddessen lauter. Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Mosel-Saar-Lahn will die festliegenden rund 70 Schiffe bis Jahresende vom Fluss bekommen. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, weil uns ist bewusst, welches Schicksal die Leute haben“, sagte WSA-Leiter Albert Schöpflin der Deutschen Presse-Agentur. Wie genau die Schiffe über die Schleuse Müden kommen sollen, um dann die Mosel in Richtung Rhein zu verlassen, wollte Schöpflin noch nicht sagen. „Wir halten uns da im Moment noch ein bisschen bedeckt.“ Am Montag und Dienstag sollte es Versuche geben, die dann zeigen würden, ob es klappt. Dafür gebraucht werde auf jeden Fall eine Ersatzvorrichtung für das kaputte Schleusentor. „Das werden wir testen.“
Nichts geht mehr auf der Mosel
Seit Sonntag ist die Schifffahrt auf der Mosel lahmgelegt. Bei einer Kollision eines Frachtschiffs mit der Schleuse ist diese schwer beschädigt worden. Wegen der Sperrung sitzen Schiffe auf Mosel und Saar fest. Sie können die durch das Saarland und Rheinland-Pfalz führende Mosel nicht mehr in Richtung Rhein verlassen. Die Schiffe sollten die Mosel verlassen, bevor die Reparaturarbeiten an der Schleuse beginnen, sagte Schöpflin weiter. „Wir arbeiten natürlich auch mit Hochdruck daran, dass die Schleuse wieder betriebsfähig wird.“
Metallverarbeitende Betriebe betroffen
Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) gehört die Wasserstraße zu den meistbefahrenen in Europa und spielt eine bedeutende Rolle für den internationalen Güterverkehr, die Versorgung der Bevölkerung und der Stahlindustrie. Etwa 41 Prozent der über Koblenz transportierten Tonnage entfalle auf die Güter Erze und Metallabfälle sowie Eisen, Stahl und Nichteisenmetalle, teilte das Institut der deutschen Wirtschaft Köln mit. „Das zeigt, dass metallverarbeitende Betriebe die Hauptbetroffenen sind, also Stahlwerke und Ähnliches.“
„Existenzgefährdende Hürden“
Diese Unternehmen stünden nun vor der Aufgabe, „quasi ihre gesamte Versorgungskette und mit Abstrichen ihre Güterauslieferung auf einen anderen Verkehrsträger umzuschichten“, schreibt das Institut. Dafür komme realistischerweise nur die Bahn infrage. Ausfälle auf der Mosel seien an sich nicht ungewöhnlich – nur sei es diesmal sehr plötzlich und schnell passiert. Betroffene Unternehmen bräuchten kurzfristig sehr hohe Kapazitäten auf der Schiene. „Das bedeutet, dass Unternehmen punktuell mit durchaus existenzgefährdenden Hürden konfrontiert sein können, auch wenn die transportierten Mengen im Vergleich zum gesamten Güterverkehr in Deutschland sehr überschaubar sind.“
Ersatztor liegt in Trier
Die Arbeiten an der Schleuse gehen indes weiter. Der entstandene Schaden sei erheblich: Das gesamte Schleusentor sei kaputt, sagte WSA-Leiter Albert Schöpflin. Zudem gebe es Schäden am Beton. Das genaue Ausmaß werde man erst sehen, wenn die Schleusenkammer trockengelegt sei. Zuvor sollten an diesem Donnerstag oder Freitag die beiden bis zu 40 Tonnen schweren Torflügel mit einem Kran herausgehoben werden. Es gebe ein Ersatztor für die Schleuse Müden, das auf dem Bauhof Trier liege. Da müssten unter anderem noch Hydraulikleitungen angebracht werden. Die Wiederinbetriebnahme der Schleuse könnte bis Ende März 2025 dauern.
Kritik wird lauter
Währenddessen wird die Kritik vonseiten der Wirtschaft lauter. Der Geschäftsführer des BDB, Jens Schwanen, bezeichnete den Unfall als unvorhersehbares und sehr bedauerliches Ereignis. „Dass der Fluss nun aber vorerst gar nicht mehr passierbar ist, hätte vermieden werden können, nämlich indem die seit Jahrzehnten beschlossene Erweiterung der Mosel-Schleusen um jeweils eine zweite Kammer zügig vom Bund umgesetzt worden wäre“, sagte er laut Mitteilung. Ein Ein-Kammer-Schleusenbetrieb berge bei immer älteren und störanfälliger werdenden Bauwerken stets die Gefahr einer Vollsperrung, schrieb der BDB. Die Umsetzung von Wasserstraßenprojekten dauere viel zu lange, sagte Schwanen. Der Verband erwarte von der Bundesregierung ein Umdenken.
Offener Brief an Bundesminister
Die Industrie- und Handelskammern Saarland, Trier und Koblenz wandten sich in einem offenen Brief an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos). Darin forderten sie eine schnelle Reparatur der Schleuse und den raschen Ausbau aller deutschen Moselschleusen mit einer zweiten Schleusenkammer. Nach dem Unfall seien vor allem Unternehmen in Rheinland-Pfalz und im Saarland von der weiterführenden Wasserstraße Rhein abgeschnitten. Für kurzfristige Ausweichmöglichkeiten über Lkw oder Bahn stünden nur begrenzte Kapazitäten zur Verfügung, in einigen Fällen ist eine Verlagerung auf andere Transportwege gar nicht möglich, hieß es.
Eine Reparatur der Schleuse erst bis Ende März 2025 sei „mit Blick auf den drohenden wirtschaftlichen Schaden für die Unternehmen nicht akzeptabel“, teilten die IHKs mit. Für eine schnellere Inbetriebnahme müssten „alle verfügbaren Kräfte eingesetzt werden“.