55 Meter Höhe, 46 Meter Breite und eine Länge von 113 Metern sind die stattlichen Maße der Schiffshebeanlage in Niederfinow, die das 90 Jahre alte benachbarte Bauwerk ersetzt und künftig auch Großmotorgüterschiffe aufnehmen kann. Durch die nutzbare Troglänge von 115 Meter sind nun auch die auf ostdeutschen Wasserstraßen regelmäßig verkehrenden Schubverbände mit 114 Meter Länge für die Passage geeignet.
Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) zeigte sich erfreut darüber, dass nun die Verbindung zwischen Berlin und dem Ostseehafen Stettin an Attraktivität gewonnen hat. Darüber hinaus liefert das neue Hebewerk gute Argumente für die Verlagerung von mehr Gütern auf umweltfreundliche Binnenschiffe. Die Anlage erfüllt eine wichtige Scharnierfunktion zwischen den Schiffsverkehren auf den Wasserstraßen der Länder Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg mit etwa zwei Millionen Gütertonnen pro Jahr sowie den Wasserstraßen Berlins, auf denen jährlich bis zu 2,5 Millionen Tonnen Güter transportiert werden. „Die Verkehrsfreigabe des neuen Schiffshebewerks Niederfinow ist ein guter Tag für die deutsche Binnenschifffahrt, keine Frage. Dennoch ist dieses Großprojekt auch ein Mahnmal für eine völlig fehlgeleitete Infrastrukturpolitik“, erklärt BDB-Geschäftsführer Jens Schwanen.
Neben der positiven Signale für den Binnenschiffstransportgenerell ist der steinige Weg zum Hebewerk allerdings auch ein weniger positives Zeichen für den bundesdeutschen Genehmigungs-Stau, der viele Bauprojekte lähmt. So war das Projekt bereits im Jahr 1992 in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen worden. Dann dauerte es acht Jahre, bis eine geeignete Variante des Bauwerks identifiziert werden konnte. In der Folge dauerte das sich anschließende Planfeststellungsverfahren vier Jahre. 2008 erfolgte die Bauauftragserteilung mit dem Ziel der Fertigstellung im Jahr 2014. Bauliche Verzögerungen zogen sich bis heute hin, was den Kostenrahmen von damals geplanten 320 Millionen Euro auf die finale Summe von 520 Millionen Euro anschwellen ließ.
Daher der dringende Aufruf des BDB-Geschäftsführers Jens Schwanen an die Politik: „Wir richten den dringenden Appell an Politik und Verwaltung, die unrühmliche Entstehungsgeschichte des Schiffshebewerks Niederfinow zum Anlass zu nehmen, alle Möglichkeiten zum Beschleunigen von wichtigen Wasserstraßeninfrastrukturprojekten, unter Einbeziehung digitaler Lösungen und Maßnahmen zu Standardisierung von Bauwerken, auszuschöpfen. Zeiträume von 30 Jahren von der Aufnahme eines Projekts in die Verkehrswegeplanung bis zur Verkehrsfreigabe sind schlichtweg inakzeptabel“.