Studierende des Studiengangs Technomathematik an der Hochschule Würzburg- Schweinfurt haben sich mit der Maximallänge von Güterzügen im Rahmen eines Vortrags des Experten Dr. Peter Spiess befasst. Spiess ist Chefingenieur Flottenmanagement, Consulting, Digitalisierung bei der DB Systemtechnik GmbH.
Anhand von sogenannten zugdynamischen Simulationen können strukturmechanische Berechnungen durchgeführt werden, ab welcher Zuglänge und Bestückung die Gefahr von Zugtrennungen oder Entgleisungen droht.
„In Güterzügen“, so der Referent, „treten während des Betriebs erhebliche Längskräfte zwischen den einzelnen Wagen auf. Diese Tatsache stellt bei heutiger Technik eine Begrenzung der Längen und Massen von Güterzügen dar. Für eine Kapazitätssteigerung des Schienennetzes ist eine Überwindung dieser Grenzen jedoch notwendig.“ Hierfür bedürfe es neuer Technologien oder Betriebsverfahren, deren Sicherheit vor der möglichen Einführung nachgewiesen werden muss. Für die Nachweisführung spiele die Simulation der Zugdynamik, verbunden mit statistischen Auswertungen der Ergebnisse, eine zentrale und unersetzliche Rolle.
Kapazitätssteigerung des Schienennetzes an den Grenzen
Anders als im Straßenverkehr mit Autos biete der Schienenverkehr durch gesetzte Spurführung, geringen Rollwiderstand und Energierückspeisung beim Bremsen eine hohe Energieeffizienz sowie Transportkapazität. Jedoch sei das Schienennetz auf bestimmten Strecken bereits an seine Auslastungsgrenzen gekommen. Möglichkeiten der Kapazitätssteigerung sieht Spiess im Ausbau des Netzes sowie in der Erhöhung der Trassenkapazität mit kürzeren Zugfolgezeiten und längeren, schwereren Zügen. Hier sei die Zugdynamik ein begrenzender Faktor für Zuglängen und Beladung.
Betrachtet werden müssen beispielsweise Zug- und Druckkräfte, die Druckluftbremse und ihre Einsatzmöglichkeiten sowie die Längsdruckkräfte, die beim Durchfahren in Gleisbögen auf die Wagen wirkten. Spiess fasst zusammen: „Für jede technische Maßnahme, die den Betrieb längerer Züge ermöglicht, ist unter anderem der Nachweis zu führen, dass die Wahrscheinlichkeit der Entgleisung auf Grund zu hoher Längsdruckkräfte im Betrieb nicht steigt.“
Der Ingenieur zog in der Lehrveranstaltung von Prof. Dr. Kai Diethelm das Fazit, dass ein belastbarer Wert für die Entgleisungswahrscheinlichkeit bei laufendem Betrieb des Schienenverkehrs praktisch nicht berechenbar sei. Um die vorhandene Infrastruktur des Eisenbahnnetzes dennoch effizienter nutzen zu können und die Limits auszubalancieren, spielten Simulationsverfahren in der Zugdynamik eine maßgebliche Rolle.