Das vom Ministerium beauftragte Beratungsunternehmen Intraplan hatte in der Prognose unter anderem bis 2051 ein Wachstum des Lkw-Transportleistung um 54 Prozent gegenüber heute vorhergesagt. Die Bahnverbände halten dagegen, dass das angesichts des Fahrermangels völlig unrealistisch sei. Nach Berechnung von SUT auf Basis von Zahlen des Güterkraftverkehrsverbandes BGL wären dafür rund 400.000 Lkw-Fahrer zusätzlich notwendig. Schon jetzt fehlen aber 60.000 bis 80.000 Fahrer – bei rund einer Million für den deutschen Markt relevanten Fahrern. Das BMDV entgegnete in einer ungewöhnlichen Sonder-Pressemitteilung, dass der Fahrermangel sehr wohl berücksichtigt sei, wich allerdings der Frage aus, wie er behoben werden soll.
Peter Westenberger von den „Güterbahnen“ ergänzte, selbst wenn man den Autobahnausbau gemäß Genehmigungsbeschleunigungsgesetz umsetzen würde, sei der Lkw-Verkehr nicht mehr zu bewältigen, wenn er auf die nachgeordneten Straßen treffe.
Unrealistisch seien auch die Annahmen zur Verteuerung des Lkw-Verkehrs durch Maut und CO2-Bepreisung. Schon der aktuell vorliegende Entwurf für die neuen Mautsätze sieht für Euro-VI-Fernverkehrs-Lkw 34,8 Cent/km vor – laut Gutachtern sollte die Wert erst 2040 erreicht werden.
Dirk Flege von der Allianz pro Schiene warf den Studienautoren zudem vor, sich am alten Glaubensgrundsatz „Pakete sind nicht schienenaffin“ festzuklammern. Tatsache sei aber, dass alle großen Paketdienste von DHL über DP, GLS, UPS bis hin zu Hermes entweder schon ausgewählte Hauptläufe auf der Schiene abwickeln oder kurz davor stehe. „Das haben die Prognostiker genauso wenig mitbekommen wie der Minister.“ Martin Henke vom VDV ergänzte, die Paketmengen sei inzwischen so groß, dass sie sehr wohl schienenaffin sind. Die Stimmung für die Schiene sei noch nie so gut gewesen wie heute, sagte er und verwies auf seine Eindrücke aus dem Gesprächen auf der Fachmesse Transport Logistic Mitte Mai.
Diskrepanzen gebe es auch bei der Einschätzung der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK). Die BMDV-Gutachter erwarten einen Kapazitätseffekt von zwei Prozent, die Bahnbranche selbst 15 Prozent.
Das Ministerium beklagt zudem, dass die Verbände in die Erarbeitung der Prämissen eingebunden waren, sie aber nun kritisierten. Henke sprach hingegen sinngemäß von einer Pro-forma-Beteiligung. Jeder Verband habe ungefähr drei bis vier Minuten Zeit gehabt, seine Sicht darzulegen. (Matthias Roeser)